Der Meller Madrigalchor
auf dem Weg ins 21. Jahrhundert

20 Jahre Chorchronik zum Jahrtausendwechsel
von Ernst Kellner

Der Anfang

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Der Start des Meller Madrigalchors im Jahre 1980 unter seinem Gründervater Christian de Witt verlief sehr erfolgreich. Die günstige Tatsache, dass der Chorleiter als Leiter der Meller Musikschule auch die Organisation innehatte, erleichterte die Arbeit und Planung.

Unter seiner Leitung wagte sich der Chor sofort an schwierige Werke, wie das Weihnachtsoratorium von J. S. Bach und die Schöpfung von Joseph Haydn.

Doch schon bald geriet der Chor in etwas „schwereres Fahrwasser”, als im Jahre 1985 nach einer glanzvollen Aufführung der Oratoriums Jephtha von Händel Christian de Witt seine Chorleitertätigkeit aufgab und damit endgültig seine Zelte in Melle abbrach.

Die Suche nach einem Chorleiter führte die Verantwortlichen des Meller Madrigalchors an das Stadttheater Osnabrück, wo sich Imre Salley als geeigneter Mann anbot. Vom Stadttheater ist der Meller Madrigalchor seitdem nicht mehr losgekommen, was übrigens zur beiderseitigen Befruchtung beigetragen hat.

Ulrich Nolte

Sein Nachfolger wurde 1986 Ulrich Nolte, damals Chorrepetitor am Stadttheater, der es verstand, den Chor dynamisch zu führen und zu motivieren. Seine Amtsperiode war auch die längste im weiteren Geschehen – er führte den Chor bis zum Jahre 1992.

In Zusammenarbeit mit anderen Chören wurden große Werke, wie die Schöpfung von Haydn, das Weihnachtsoratorium Teil I bis III und Teil IV bis VI aufgeführt.

Als Partnerchöre standen der Madrigalchor Vechta und der gemischte Chor Oesede zur Verfügung.

Besonders erwähnenswert ist hier die Aufführung der Schöpfung im Jahre 1987 in Vechta und Melle, die mit einem hohen Aufwand an Choristen und Instrumentalisten realisiert wurde, vorausgegangen waren intensive Proben mit Probenwochenende im Teutoburger Wald.

Ein weiterer Höhepunkt war die Einstudierung der Deutschen Requiems von Johannes Brahms 1990, die unter der Federführung von Herbert Irnich, dem damaligen Leiter der Kreismusikschule stand. Ungewohnt war für den Meller Madrigalchor die Probenarbeit mit den Dirigenten Nolte und Irnich sowie mehreren Übungsleitern, die sich aber im Nachhinein als sehr produktiv erwies. Sehr beeindruckend war die Aufführung des Requiems am Buß- und Bettag in Melle, die die herbstliche Trauerstimmung gut traf.

Doch im Jahre 1992 zeigte die deutsche Wiedervereinigung auch ihre Auswirkung auf den Meller Madrigalchor, da Chorleiter Nolte mehrere Engagements in den neuen Bundesländern angenommen hatte, was die Probenarbeit in Melle vor ein räumliches und verkehrstechnisches Problem stellte. Mit der Gesamtaufführung des Weihnachtsoratoriums in Kooperation mit dem Chor der St. Petri-Kirche, wobei der Meller Madrigalchor die Teile IV bis VI übernahm, ging die sechsjährige Ägide des Chorleiters zu Ende, die bisher auch die längste Chorleiterzeit eines Chorleiters beim Meller Madrigalchor geblieben ist.

Unruhige Jahre

Graham Cox

Als Nachfolger von Ulrich Nolte wurde Graham Cox (Bild) verpflichtet, der zu dieser Zeit Kapellmeister am Stadttheater war. Der Mann von „down under”(Australien) brachte neue Ideen und eine neue Musikrichtung in das Repertoire des Meller Madrigalchors. So brachte es der Meller Madrigalchor zu einer Erstaufführung des 1949 verfassten Requiems von Maurice Duruflé (1903 – 1986) im norddeutschen Raum, das in seiner ungewohnten Klangqualität und Harmonie deutlich von den beliebten Klassikern abwich. Ebenso der neueren Musikrichtung zuzurechnen waren die „Five mystical songs” des Briten Ralph Vaughan Williams (1872 – 1958).

Mit der Rückkehr zu den Klassikern endete aber auch die Wirkungszeit des Australiers, der 1993 mit der Aufführung der Krönungsmesse von Mozart sein Engagement beendete.

Heinz Klaus

Sein Nachfolger war Heinz Klaus (Bild), wie nicht anders zu erwarten Chordirektor am Stadttheater Osnabrück, der den Madrigalchor auf seine Weise forderte. Die ungewohnte Chordisziplin führte erst nach einer harten Probenzeit zum gewünschten Ergebnis in Form der Oratoriums­aufführung Judas Maccabäus von Georg Friedrich Händel im Jahre 1994.

Ungeahntes italienisches Temperament konnte der Theatermann dem Madrigalchor 1996 bei der Aufführung der „Petite messe solennelle” von Gioacchino Rossini entlocken und auch damit das Spektrum der Musik erweitern.

Höhepunkt der Tätigkeit war aber zweifellos die Aufführung von ausgewählten Opernchören in Zusammenarbeit mit Solisten aus dem Osnabrücker Stadttheater. An stimmungsvolle Konzerte mit geistlicher Musik in der andächtigen Atmosphäre der neuen St. Matthäuskirche gewöhnt siedelte der Madrigalchor im Frühjahr des Jahres 1997 auf die Bühne des Städtischen Festsaals um und wurde von seinem Chorleiter in die Welt der klassischen Liebesdramen versetzt. Im Wechsel mit den Solisten Ria Janssen und Erwin Vogt erklangen die beliebten Weisen aus der „Entführung aus dem Serail” von Mozart, „Don Pasquale” von Donizetti, sowie aus „Der Wildschütz” und „Zar und Zimmermann” von Lortzing.

Heike Kiefner

Der 1997 erneut fällige Chorleiterwechsel endete mit einem weiteren Novum für den Chor. Die Talentsuche am Stadttheater führte zu Heike Kiefner, die als Repetitorin nebenamtlich am Stadttheater beschäftigt war. Die junge Chorleiterin verfügte über ein beachtliches Übungsprogramm und verstand es, dem Chor ein neues Verständnis von Text und Musik zu vermitteln. Unter ihrer Leitung stimmte der Meller Madrigalchor im November auf das Friedensjahr zur 350. Wiederkehr des Westfälischen Friedens ein. Die Aufführung der „Missa in Tempore belli” von Joseph Haydn wurde vom Madrigalchor als eindrucksvolles Friedensgebet vorgetragen.

Zukunftsperspektiven

Mit dem Ende des Jahrtausends ergab sich auch eine neue organisatorische Situation des Meller Madrigalchors. Bisher hatte die Kreismusikschule des Landkreises Osnabrück den Rahmen für alle Engagements des Chores gebildet, da der Chor ja als Musikschulchor gegründet worden war. Die Chorleiter waren immer Angestellte der Musikschule gewesen und bei dieser unter Vertrag gestanden. Die Mitglieder des Madrigalchors waren Beitragszahler in der Kreismusikschule und galten als Musikschüler, die dem entsprechenden Tarif zugeordnet waren. Die durch die Umstrukturierung bedingte Gebührenordnung ergab jedoch für die Mitglieder des Madrigalchores ein immer ungünstigeres Gebührenaufkommen, was letztlich die Finanzierung als selbständiger Chor empfehlenswert erscheinen ließ. So gründeten im Frühjahr 1998 die Mitglieder des Chores den eingetragenen Verein Meller Madrigalchor und führten satzungsgemäße Vorstandswahlen durch. Gewählt wurden Lothar Melching als Vorsitzender, Anna-Luise Olsen und Inge Miehlke zu Stellvertreterinnen. Die Kassenführung übernahm Ernst Kellner.

Thomas Hauk

Im Sommer 1998 bahnte sich bereits der nächste Chorleiterwechsel an, mit dem der Madrigalchor den frisch aus Prag eingeflogenen Thomas Hauk verpflichten konnte. Dieser war gleichzeitig Kapellmeister am Stadttheater Osnabrück

Wieder ein neues musikalisches Kapitel war die Aufführung der Dvořák-Messe in D-Dur, die als Komposition Ende des 19. Jahrhunderts Stimmung und Selbstbewusstsein des osteuropäischen Raumes wiederspiegelt.

Nach der Aufführung des Oratoriums Jephtha von Händel im Herbst 1999 kehrte der Madrigalchor in seinem Jubiläumskonzert im Jahre 2000 zu beliebten Komponisten der Romatik zurück und gestaltete die Liebesliederwalzer von Johannes Brahms mit Hilfe von Solisten und Pianisten aus dem Stadttheater.

Als Fazit und Ausblick im neuen Jahrtausend lässt sich feststellen, dass der Meller Madrigalchor seinem Namen entsprechend weiterhin besonders die klassische Musik pflegen wird. Das müssen nicht unbedingt Madrigale und Motetten sein, auch Oratorien, Lieder und Opernchöre werden künftig ebenso liebevoll einstudiert. Dabei sollte auch nicht der Eindruck vermittelt werden, bei klassischer Musik handele sich immer um etwas Ernstes und Feierliches. Madrigale z.B. sind lebenspralle Trink- und Liebeslieder, Brahms-Lieder sind oft sentimental, aber immer unterhaltsam, Opernchöre haben viel hintergründigen Witz. Selbst Bach-Choräle zeichnen sich, recht verstanden, durch abwechslungsreiche Grundstimmen aus.

Der Meller Madrigalchor möchte seine Freude an solcher Musik weiterhin in Aufführungen dem Publikum deutlich machen. Dafür nimmt er die unterhaltsame Mühe der vielen, konzentrierten Probenarbeit gerne auf sich.

Nachtrag 2006

Urs Borer

Seit 2002 ist Urs Borer unser Chorleiter. Neben der Pflege von Kantaten und Motetten verdanken wir ihm sehr erfolgreiche Ausflüge in die Unterhaltungsmusik. Ergebnisse waren ein Konzert mit Evergreens wie „Tea for Two” und „Besame Mucho” sowie Melodien von George Gershwin und Andrew Lloyd Webber und ein Herbstkonzert unter dem Titel „Witz nach Noten” mit der „Launigen Forelle” und der Sprech-„Fuge aus der Geographie”. Auch Brahms′ „Liebeslieder” und „Zigeunerlieder” nahm er ins Programm. Regelmäßige Weihnachtskonzerte gehörten ebenso dazu, darunter eines unter dem Titel „cantate!” mit der Bachkante „Wachet auf, ruft uns die Stimme” und der „Weihnachts­kantate” von Arthur Honegger.

Nachtrag 2016

Nicolai Strauch

Mit dem Brahms-Konzert „Wir lieben Brahms” endete die lange, fruchtbare Zusammenarbeit und mit Nicolai Strauch übernahm ein neuer Chorleiter den Dirigentenstab des Meller Madrigalchores.

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