Mein Jakobsweg

Molinaseca, den 28.4.2008 (noch 213 km)

Entgegen manchen Ankündigungen begann der Tag kühl und wolkenverhangen. Es sollte aber noch schlimmer kommen. Heute war die größte Höhe auf dem camino (1532 m) zu überwinden.

Der Anstieg war gar nicht so schlimm, nur leider, es setzte Regen ein. Der Regen mischte sich mit Schnee, dann mit Graupeln, Wind kam auf, es wurde ungemütlich. Die Berge verschwanden in einem Grau von Wolken und Regen. Der Weg wurde immer wieder unterbrochen von Riesenpfützen, Schlammstrecken, kleinen Rinnsalen, denen mühsam auszuweichen war.

Flechten

Kleine buschige Bäume bedeckten die Berge, selber wiederum von blassgrünen Flechten überzogen. Später war Ginster die vorherrschende Vegetation, und wieder erst gelber, später immer mehr weißer Ginster, bis dieser schließlich die runden Bergrücken scheckig überzog. Auch eine besondere Art von Bergblumen trat gehäuft auf, Zistrosen, große, weiße Blütenblätter um gelbe Samenstempel, auf jedem Blütenblatt zur Mitte hin ein blutroter Fleck.

Zistrose

Am Cruz de Fer, dem Kreuz aus Eisen, regnete es so stark, dass wir uns dort nicht weiter aufhielten. Traditionell legt der Pilger am Cruz de Fer einen Stein ab, den er von zu Hause mitgebracht und nicht etwa kurz zuvor aufgelesen hat. Es wird heute als die symbolische Befreiung von einer schweren Last verstanden. Wir marschierten in strömendem Regen schnurstracks daran vorüber, einen Stein hatten wir ohnehin nicht dabei.

Abstieg

In Acebo hielten wir kurz inne. In Riego de Ambrós wollten wir eigentlich Station machen, doch die Herberge war zugesperrt. Wir beschlossen, bis Molinaseca weiter zu gehen. Dieses Wegstück erwies sich als ziemlich wild, felsig, steinig, eng, steil, glatt. Gegen halb vier erreichten wir Molinaseca, die „Trockene Mühle”, also Getreidemühle und nicht Ölmühle, und nach längerem Suchen fanden wir auch die Herberge hinter dem Ortsausgang.

Sie war gut, freundlich und modern, eine private Herberge. Zwei Mädchen einer Gruppe aus einer Gemeinde in Süddeutschland waren schon eingetroffen. Die Gruppe hatte der polnische Priester der Gemeinde zusammengestellt. Sie trachteten, zumindest für die Übernachtungen zusammenzubleiben. Die Mädchen verstanden sich als Vorhut und versuchten, für die Nachkommenden Plätze freizuhalten. Als wir nach unserem Spaziergang aus der Stadt zurückkehrten, waren alle eingetroffen und hielten auf der Terrasse eine Andacht. Den Priester erkannten wir bei späteren Begegnungen immer schon von weitem. Er hielt an dünnem Stab die Fahne von Bayern München hoch.

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